Die Herkulesstaude
Eine gefährliche Schönheit
Wegen ihrer faszinierenden Schönheit und Größe (2 bis 4 m hoch) erhielt die Pflanze ihren Namen: Riesenbärenklau auch Herkulesstaude genannt, lateinisch Heracleum mantegazzianum. Als botanische Attraktion gelangte das imposante Gewächs mit bis 60 cm Doldendurchmesser im 19. Jahrhundert aus dem Kaukasus in die heimischen Gärten und Parkanlagen. Nach und nach gelangten die Samen auch in die freie Natur. In der Zwischenzeit hat die Pflanze einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt und war bei vielen Imkern als sogenannte Bienenweide beliebt. Erst in jüngerer Zeit erkannte man die Gefährlichkeit dieses Einwanderers: Durch ihre hohe Samenproduktion (bis zu mehreren 10.000 Samen pro Pflanze, die zudem in der Erde etwa sieben Jahre keimfähig bleiben können) breitet sie sich immer rascher aus, unterdrückt einheimische Pflanzen durch ihr Wachstum und begünstigt, insbesondere an Fließgewässern, die Erosion. Darüber hinaus sind alle Pflanzenteile giftig. Bei Berührung unter Sonneneinstrahlung können verbrennungsähnliche Hautschäden auftreten.
Der Riesenbärenklau unterscheidet sich von dem einheimischen - ungefährlichen - Wiesenbärenklau, der nur bis zu 1
Meter hoch wird, durch seine Mächtigkeit. Im Gegensatz zum giftigen Riesenbärenklau wird der Wiesenbärenklau sogar
gern als Zutat in frischen Salaten verwandt.
Inzwischen ist der Riesenbärenklau wie in vielen Gegenden Deutschlands auch im Landkreis Osterode auf dem Vormarsch.
Seit 2003 hat es sich der NABU Osterode zur Aufgabe gemacht, den Neubürger zurückzudrängen mit dem Ziel der vollkommenen
Ausrottung im gesamten Wirkungsbereich des NABU Osterode.
Anlass für dieses Vorhaben war die Bitte der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Osterode am Harz an den NABU, im Naturschutzgebiet Siebertal bei Herzberg einige Herkulesstauden als gebietsfremde Pflanze zu bekämpfen. Anstatt der ursprünglich geschätzten ca. 50 Exemplare wurden wir schließlich mit mehreren tausend Stauden konfrontiert die sich über den Gewässerlauf von 10 km zwischen Herzberg und Hattorf verteilten. Dies erforderte den kurzfristigen Einsatz einer größeren Zahl von Helferinnen und Helfern. Als Sofortmaßnahme wurden sämtliche Dolden abgeschnitten und in Plastik-Müllsäcken gesammelt. Die bis zu 10 cm dicken Hohlstängel wurden über der Erde mit einem Spaten abgestochen. Da sich immer mehr Pflanzen fanden, wurde die Sieber von der Papierfabrik in Herzberg bis Hattorf systematisch abgesucht. Wegen der unübersehbaren Masse konnten überwiegend nur die blühenden Pflanzen bekämpft werden, nicht aber die Jungpflanzen, die zwar auch schon Hüfthöhe erreichen können, aber erst im zweiten Jahr blühen. Im Bereich Hörden waren ausschließlich Hördener Einwohner tätig. Insgesamt waren in fünf Wochen 27 Personen im Einsatz. 173 gefüllte Müllsäcke mussten mit dem Anhänger zur Mülldeponie transportiert werden. Trotzdem konnten in Elbingerode und Hattorf nicht alle Dolden geborgen werden, weil die reifen Samen bereits herausfielen. Leider war der sichtbare Erfolg nur von kurzer Dauer. Bei einem Kontrollgang stellten wir fest, das die meisten über der Erde abgestochenen Pflanzen aus der Knolle wieder neu austrieben und innerhalb von drei Wochen Blüten bildeten.
Auf Grund der jeweiligen Erfahrungen begannen die Bekämpfungsmaßnahmen im zweiten Jahr bereits zwei Wochen früher und
im dritten Jahr, also 2005, sogar schon in der zweiten Maiwoche. Das hatte den Vorteil, dass neue Jungpflanzen besser
zu finden waren, bei mehrjährigen sich noch keine Dolden bilden konnten und somit eine Entsorgung der Samen entfiel
und die noch schwach ausgebildeten Wurzeln leichter auszustechen waren.
Dabei wurde darauf geachtet, dass in dem
unwegsamen Auendickicht möglichst jeder kleinste Austrieb gefunden und ausgegraben wurde. Trotzdem blieb es ein
schwieriges Unterfangen, die Pflanzenknollen zwischen Steinen und Gehölzwurzeln zu finden und die jungen Austriebe
im Dornendickicht und zwischen Brennesseln aufzuspüren.
Inzwischen erhielten wir Kenntnis von weiteren Standorten mit Herkulesstauden und weiteten den Aktionsraum aus auf die
Söse von der Talsperre bis Badenhausen, die gesamten Bachläufe von Lerbach und Bremke sowie auf weitere Vorkommen in
Riefensbeek, bei Dammhaus, Stadtgebiet Osterode, Freiheit, Schwiegershausen und Kiesgrube Herzberg. Die Straßenmeisterei
Herzberg wurde auf unsere Anregung hin an der B 243 selbst tätig. An der Oder bei Hattorf war ein
"Einzelkämpfer" 34 Stunden im Einsatz.
Im Jahr 2006 kamen weitere Einsatzstellen hinzu. So trafen wir in Kamschlaken auf größere Bestände und kontrollierten daraufhin zusätzlich die gesamte Söse oberhalb des Stausees. Auch im Wellbeektal und am Nassen Weg oberhalb des ehemaligen Krankenhauses von Osterode waren Pflanzen zu entfernen. Leider wurde es von Jahr zu Jahr schwieriger, freiwillige Personen für die Mithilfe zu bekommen. Dies geschah fast ausschließlich durch persönliche Ansprache. Wiederholte Aufrufe in der Presse blieben bis auf eine Ausnahme erfolglos. Die Zahl der freiwilligen Helfer schrumpfte von 32 im vorigen Jahr auf 9 in diesem Jahr. Glücklicherweise standen uns jedoch im zweiten Jahr eine und in den letzten beiden Jahren jeweils zwei Arbeitskräfte zur Verfügung, die als sogenannte 1-Euro-Kräfte vermittelt wurden.
In 2006 beschäftigte der Landkreis Osterode erstmals vier Arbeitskräfte in der Bärenklaubekämpfung, die zu unserer Entlastung in einem Teilbereich der Sieber und an der Oder von Bad Lauterberg bis zur Kreisgrenze bei Wulften zum Einsatz kamen. Auch die Stadt Herzberg sorgte auf unsere Anregung hin mit eigenem Personal für die Entfernung der ungeliebten Neubürger. Im Stadtgebiet von Osterode ließ die Stadtverwaltung wie im Vorjahr in der Söse und am Scheebrink die Herkulesstauden abmähen, was jedoch zu einem sofortigen Neuaustrieb führte. Schließlich nahm sich ein Rentner in freiwilligem Alleingang der Angelegenheit an und arbeitete sich in 35 Stunden mit Kreuzhacke und Spaten erfolgreich durch den Aufwuchs
Zum Vergleich hier die Arbeitseinsätze der vergangenen Jahre an der Sieber:
Jahr | Start |
Ende |
bezahlte Std. |
ehrenamtl. Std. |
Helferzahl |
---|---|---|---|---|---|
2003 | 4.7. | 7.8. | 35 | 191 | 26 |
2004 | 23.6. | 20.7. | 104 | 260 | 20 |
2005 | 10.5. | 16.9. | 615 | 384 | 28 |
2006 | 8.5. | 24.8. | 150 | 96 | 7 |
2007 |
5.5. | 16.7. | 87 | 52 | 8 |
2008 | 8.5. | 9.7. | 72 | 39 | 5 |
2009 | 2.5. | 23.6. | 0 |
47 | 6 |
2010 | 20.5. | 26.6. | 0 | 33 | 4 |
2011 | 14.5. | 22.6. | 0 | 26 | 4 |
2012 | 19.5. | 3.7. | 0 | 32 | 4 |
2013 | 24.5. | 5.7. | 31 | 0 | 4 |
2014 | 15.5. | 3.7. | 28 | 0 | 4 |
Tabelle erstellt mit dem HTML Tabellen Generator von netgrade
Die Hinzurechnung der weiteren vom NABU durchgeführten Bekämpfungsmaßnahmen ergibt folgendes Gesamtergebnis:
Jahr | bezahlte Std. | ehrenamtl. Std. | Helferzahl |
---|---|---|---|
2003 |
35 | 192 | 26 |
2004 | 104 | 261 | 20 |
2005 | 838 | 516 | 32 |
2006 | 375 | 175 | 9 |
2007 | 1042 | 201 | 9 |
2008 |
221 | 76 | 6 |
2009 | 90 | 86 | 6 |
2010 | 0 | 58 | 3 |
2011 | 0 | 95 | 6 |
2012 | 0 | 303 | 29 |
2013 | 91 | 0 | 11 |
2014 | 84 |
0 | 11 |
Tabelle erstellt mit dem HTML Tabellen Generator von netgrade
(Hierin sind die Stunden der Hördener Einwohner enthalten; nicht jedoch die der Arbeitskräfte des Landkreises Osterode.)
Das bisherige Ergebnis und die Aussichten
Im vierten Jahr der Bekämpfungsmaßnahmen können in der Sieberaue erstmalig sicht- und messbare Erfolge verzeichnet werden. Die Gesamtzahl der angetroffenen Herkulesstauden hat dort gegenüber den Vorjahren insgesamt deutlich und auf bestimmten Strecken erheblich abgenommen. Demzufolge ist zu vermuten, dass nach dem dritten Jahr der Bekämpfungsmaßnahmen die Zahl der keimfähigen Samen stetig abnimmt. An allen anderen Standorten, auf denen wir im zweiten oder dritten Jahr im Einsatz waren, war noch keine Entspannung erkennbar. Leider hat aber auch die Zahl der bekannten Herkulesstauden - Standorte zugenommen, so dass noch einige Jahre Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft erforderlich sind.
Mit Ausnahme der Hördener Arbeitsgruppe wurden die Arbeiten fast ausschließlich von Mitarbeitern und Freiwilligen des NABU durchgeführt. 2005 waren an einem Tag drei Mitglieder des Osteroder Anglervereines beteiligt. An einzelnen Stellen war zu erkennen, das private Personen in guter Absicht versucht haben, die Herkulesstaude zu bekämpfen. Leider geschah dies meistens unfachmäännisch, da die Stauden nur abgeschlagen wurden. Somit konnten die Samen weiter reifen und die Pflanze aus der Knolle wieder erneut austreiben.
Bei telefonischen Kontakten gaben wir Hinweise und Anleitungen zum richtigen Umgang mit der Pflanze und stellten unser eigens erstelltes Informationsblatt zur Verfügung.
Aus personellen Gründen beabsichtigt der NABU Osterode seine Aktivitäten über das bisherige Gebiet nicht auszuweiten. Deshalb hoffen wir, dass sich weitere Personen, Vereine und Institutionen in ihren wohnnahen Bereichen selbst engagieren. Der Osteroder Anglerverein hat bereits zugesagt, dass er 2007 Arbeitseinsätze an der Söse ab Badenhausen organisieren wird, nachdem er bisher auch schon am Kiesteich zwischen Förste und Eisdorf den Riesenbärenklau bekämpft hat.
In den Gemeindeverwaltungen scheint das Problem noch nicht Ernst genommen zu werden. Die Bürgermeister der Söse-Anliegergemeinden (Samtgemeinde Bad Grund und Gemeinden Badenhausen, Eisdorf, Förste und Dorste) wurden vom NABU Osterode angeschrieben und über die Problematik des Riesenbärenklau allgemein und speziell an der Söse innerhalb der Gemeindegrenzen hingewiesen. Leider erfolgten keine Reaktionen. Die Stadt Osterode teilte mit, dass sie aus finanziellen und personellen Gründen sich nicht an der nachhaltigen Bekämpfung der Herkulesstaude beteiligen kann.
Erfreulich ist, das der Landkreis Osterode am Harz in den Naturschutzgebieten und die Stadt Herzberg im Stadtgebiet jetzt aktiv mitwirken.
Es stimmt jedoch nachdenklich, dass die Gefahr der weiteren Ausbreitung des Riesenbärenklau und die damit zu erwartenden unabsehbaren Kosten für künftige Bekämpfungsmaßnahmen von einigen Verantwortlichen immer noch nicht erkannt oder erforderliche Entscheidungen nicht getroffen werden.
Grundsätze zur Bekämpfung des Riesenbärenklau
- 1. Die Pflanze muss ca. 15 cm unterhalb der Erdoberfläche, mindestens aber 5 cm der Wurzelrübe abgestochen werden.
- 2. Eventuell gebildete Samen (auch unreife) im geschlossenen Plastikbeutel dem Restmüll zuführen.
- 3. An Fließgewässern muss die Bekämpfung am nächsten Punkt zur Quelle begonnen werden, weil jegliche Arbeit flussabwärts umsonst ist, wenn sich oberhalb andere Pflanzen aussähen können.
- 4. Die Arbeiten müssen über mehrere Jahre hinweg ohne Unterbrechung fortgesetzt bzw. Kontrollen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass eine verspätete Keimung nicht zu neuen Aussaaten führt.
Der NABU hält ein Informationsblatt bereit. Im Internet sind eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten zu finden. Sehr zu empfehlen ist der international erarbeitete deutschsprachige und gut verständliche "Leitfaden Riesenbärenklau".
Berichte über die bisherigen Arbeitseinsätze
Hier finden Sie die Zusammenfassungen aller uns bekannten Maßnahmen der Herkulesstauden-Bekämpfung im Landkreis Osterode.
Gegen Riesenbärenklau